Hörnerdörfer Originale - Hans Rimmel, Kupferschmied
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Warum Kupferschmied Hans Rimmel lernte, Kessel zu machen.

Schlagfertig.

Auf der Arbeitsbank im Halbdunkel liegen Kühe, sechs Stück. Mit sechs Edelweiß liegen sie ordentlich in einer Reihe. Alle glänzen, fertig präpariert. Sie sind fünf Zentimeter groß und aus Messing – Beschläge für eine Schelle wahrscheinlich.

Die schwere Holztür der Schmitte in Obermaiselstein öffnet sich, ein Kunde bringt eine große Schnalle vorbei. Die ist alt, ein wenig verbogen und der Steg ist brüchig, das soll Hans wieder richten – aber bitte nicht die Kratzer und die Patina wegpolieren. „Die Zit derf bliebe?“, Hans lacht. Er hat verstanden. Die Schnalle gehört zu einem Schellenriemen, erfährt man nebenbei. Sie ist groß, es wird wohl ein Riemen sein, mit dem Scheidschellen befestigt werden. Ein besonderes Stück, das sieht Hans sofort. Von „Thoma“ aus der Schweiz, sagt der Kunde. „Isch reacht“ sagt Hans, lacht und legt die Schnalle auf einen Seitentisch. Auftrag angenommen.

Bliebe man bei der ursprünglichen Bedeutung des Wortes Spengler, müsste man sich diese Szene als das Alltagsgeschäft von Hans Rimmel vorstellen: Die Herstellung und Reparatur von Spangen, Schnallen und kunstfertigen Beschlägen. Aber die 30, 60 und 150-Liter fassenden Kupferkessel hinter ihm in der Werkstatt erzählen eine andere Geschichte.

Es ist nicht so, dass die Spenglerei – das ist Hans‘ Beruf – ein gemächliches Handwerk wäre. Ein Spengler muss biegen und bördeln, falzen, treiben, sicken und schweifen, schneiden, stanzen oder eine Schwalbenschwanznaht ausschlichten. Das ist alles erstens schwierig und zweitens anstrengend. Trotzdem, Hans schmunzelt und erzählt, dass er irgendwann Mitte der 1990er Jahre von einem Mann in Vorarlberg hörte, der kupferne Kessel herstellt. Er rief an und fragte, ob er’s lernen dürfe. Und dann stand er in der Werkstatt von Werner Wehinger aus Rankweil, bei Dornbirn im Grenzgebiet zur Schweiz und ließ sich zeigen, wie man Kessel macht. „Mich haben die Arbeitsschritte interessiert, die wollt ich lernen“ erinnert sich Hans und lacht. Denn „mit Kesseln wirsch it riech“, aber „dafür machts Gelenke kaputt“ gibt er lachend zu – beim ersten Kesselklopfen hat er sich einen sauberen Tennisarm geholt, da mussten sogar Spritzen helfen. Er hebt grinsend seinen Ellenbogen, alles noch dran. Hans lacht.

Haltbarkeitsdatum: Siehe Jahrhundertende.

Warum dann Käsekessel hämmern? Weil daheim im Allgäu das niemand mehr konnte. Jedenfalls kannte er niemanden, der das konnte. Ja, früher! Früher schon, da hatte etwa die Firma Kössel aus Immenstadt ein Renommee. Die hatten sich als Maschinenwerkstätte Ende des 19. Jahrhunderts auch auf Käsereieinrichtungen verlegt und hatten gut zu tun – es war die Zeit, als Aurel Stadler, Carl Hirnbein und Peter Althaus schnell und gründlich aus dem armen „blauen“ Allgäu ein prosperierendes „grünes“ Allgäu machten. Über den Flachs mit seinen wunderhübschen blauen Blüten, der keine Chance gegen billige Baumwolle aus Übersee hatte, ließen die Allgäuer das Gras wachsen und widmeten sich fortan der Milchwirtschaft. Ein durchaus dramatischer Wandel und doch noch keine 200 Jahre her. Kurz und gut: Mit dem Aufschwung kam der Bedarf, Kössel und andere produzierten Kupferkessel fürs Käsekochen im großen Stil. Die Sennalpen und Sennereien waren alsbald mit Kesseln versorgt. Bedarf gedeckt, Nachfrage gestorben – denn so ein Kupferkessel hält. Und hält. Und hält. „100 Jahre sind da nix“ sagt Hans. Entsprechend starb auch das Fachwissen weg, zumal die industriellen Molkereien mit Edelstahlgerät arbeiten.

Vom Topf zum Kessel.

Hans lacht, als er an seinen ersten Kessel denkt. Der geriet zu einem „Seichhäfele“ – ein Potschamperl, ein Nachttopf. 30 Liter Fassungsvermögen zwar, aber der Rand wurde zu breit, der Bauch eine Kugel, alles unförmig und schief, kurz: ein Reinfall. Heute braucht er für einen wohlgeformten 150-Liter-Kessel mit Beschlägen und Henkel etwa eineinhalb Wochen, wenn er sich ranhält. Allerdings müsste man noch etwa 160 Wochen draufrechnen, denn insgesamt hat er sicher gute drei Jahre Kessel um Kessel gehämmert, bis die Arbeitsweise und das Ergebnis ihn zufriedengestellt haben – „bis ma seal zfride isch mit sin‘ger Arbet“.

Formschön.

Bis aus einem zylinderförmigen Rohling ein Kessel wird, an dem der Druide Miraculix seine Freude hätte, muss mit dem Treibhammer dem ausgeglühten Metall eine gerundete Form verpasst werden. Anfangs hat er freihändig gearbeitet und nach einigen Schlägen immer mit einer Schablone geprüft. Das war für Schultern und Rücken schwer und ständig musste die Wölbung nachgebessert werden. Sowas muss auch effizienter gehen, meinte Hans und hat sich ein Gestell ausgedacht, mit dem er den Kessel auf dem Tisch nach jeder Runde mit dem Treibhammer weiter anhebt und in einer Führungsschiene gleichmäßig drehen kann – das ist jetzt leichter, führt er lachend vor. Die Anzahl der Schläge bleibt sich gleich. Das Lachen auch.

Schön, schlau und schmackhaft – das Kupfer macht‘s.

Glatte Haut, strahlende Augen, starke Knochen, starke Nerven und ein leistungsfähiges Herz – verdanken wir dem Kupfer. Das Spurenelement ist bei vielen Stoffwechselvorgängen unentbehrlich. Und wird in der Küche geschätzt. Wegen der 20fach höheren Wärmeleitfähigkeit und weil es antioxidativ wirkt, Marmelade beispielsweise bleibt schön rot, gelb, orange und braucht weniger Gelierzucker. Wird im Kupferkessel Käse „gekocht“, wandern Kupferionen ins Endprodukt und mit einem guten Käsebrot deckt man leicht den erwachsenen Tagesbedarf von 1 – 1,5 mg. Umgekehrt werden unliebsame Bakterien, die etwa zu Fehlaromen im Käse führen könnten, von Kupfer in Schach gehalten. So bleibt Käse gesund und lecker.

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