Hörnerdörfer Originale - Bergkäse auf der Alpe Schattwald
©Tourismus Hörnerdörfer, F. Kjer
5 Fragen an Bene und Annelies Hartl, die Älpler auf der Alpe Schattwald.

Ein Leben "im Bearg"

Wer geht auf die Alpe?

Immer Anfang Mai räumen Bene (wenn’s hochoffiziell wird, ruft man ihn Bernhard) und Annelies Hartl ihr Haus in Obermaiselstein auf. Heizung aus, Kühlschrank leer und hinauf geht’s auf die Alpe Schattwald im Rohrmoostal. Dort, auf 1050 Metern Höhe, leben sie gut fünf Monate in einer kleinen Hütte und kümmern sich in den rund 100 Tagen des Alpsommers um 240 Stück Jungvieh und elf Milchkühe. „Das wird jetzt der 40. Sommer“ sagt Bene, „aber nein, noch nicht“ sagt Annelies. Es wird ihr 39. Berg-Sommer sein, rechnen die beiden nach.

Bene kommt aus der Landwirtschaft, Annelies ist selber „im Bearg“ aufgewachsen, man hat es halt gekannt. Oder man hat es halt nicht anders gekannt, wie die meisten von denen, die als Hirte, Senn oder Älplerfamilie „hinauf“ gehen. „Es wird schon ein Virus sein“ vermutet Bene, Annelies pflichtet ihm lachend bei. Die Zeit oben ist frei, auch ohne Freizeit, ohne 8-Stunden-Tag, geschweige denn einer 5-Tage-Woche. Sicher, es gäbe schon welche, wo die Kinder das dann nicht machen wollen, schränkt Bene ein – denkt nach und gibt zu „ich kenn jetzt keinen“.

Wie lebt man oben im Bearg?

Die Hartls haben auch immer Kleinhirten auf „ihrer Hütte“. Das sind Buben und Fehla (Mädchen), die in den Sommerferien oben leben und mithelfen. Jetzt ist es aber so: Es gibt kein Fernsehen, der Handyempfang ist miserabel und auch das Wetter besteht nicht aus lauter lauen Sommernächten – die eh kurz sind, weil der Arbeitstag spätestens um 5:30 Uhr beginnt. Und doch kommen fast alle Kinder wieder. Vier, fünf Sommer lang, bis es in die Lehre geht. Sie lernen den Umgang mit Natur und Tieren, mit Werkzeug und Gästen spielerisch, aber es ist völlig klar, dass getan wird, was getan werden muss. „Die haben dann aber für ihre Lehre noch nie eine Bewerbung geschrieben, die werden gefragt!“ weiß Bene.

Warum ist der Käse würzig?

Keine Chemie, keine Gewürze (außer Salz), nicht mal geräuchert wird der klassische Alpkäse. Trotzdem schmeckt man zig Aromen von nussig bis pikant heraus. Zwei Dinge diktieren den Geschmack: Zeit und Tag. Jeder Käse muss reifen. Ganz frisch gemachter Käse schmeckt erstmal nach gar nichts. Bergkäse kann frühestens nach 3-4 Monaten angeschnitten werden und sogar der kleine Weichkäse braucht drei Wochen. Bis davon am Anfang der Saison der erste reif ist „des verwartesch schier it“ seufzt Annelies. Zum zweiten gibt es nicht den einen Geschmack. Sennalpen sind keine Fabrik, hier lassen sich weder Temperatur noch Umgebungsbedingungen konstant halten, wie in einer Molkerei. Im Berg ist mal das Wetter anders, die Kühe fressen andere Kräuter oder sind anders gelaunt – dann geben sie andere Milch. Man schmeckt quasi jede „Stimmung“ sagt Bene, kurz: Jeder Tag gibt dem Käse eine andere Würze.

Was macht der Senn im Winter?

Die Hartls sind angestellt bei der Alp-Genossenschaft Schattwald. Die Genossenschaft hat die Alpe vom Wald- und Weideeigentümer, der Fürstlichen Forstverwaltung Waldburg-Wolfegg-Waldsee, gepachtet, schon weit über 200 Jahre lang. Die Hartls sehen sich vor allem auch im Dienst jener Landwirtschaften, die ihnen ihre Tiere anvertrauen. Das sei ihr eigentlicher Auftrag, erklären sie, die Milchkühe und der Käse seien das „Zubrot“. Ohne die Höfe, die ihre Rinder zur Sömmerung geben, hätte weder die Alpe eine Zukunft, noch könnte die Kulturlandschaft der Allgäuer Voralpen so offen und artenreich erhalten werden. Deshalb sei die gute Zusammenarbeit zwischen Berg und Tal entscheidend, betont Bene.

Gelernt hat Bene Zimmermann, gewählt hat er den Berg. Dafür nimmt er in Kauf, bei der Arbeit im Winter nicht sehr wählerisch zu sein. Für ihn, wie für viele Älpler, sind die Skigebiete, die Liftbetriebe und der Winterdienst die klassischen Arbeitgeber im Spätherbst und im Winter. Da „schmecken“ einem die Arbeitszeiten nicht immer (nachts, im Kalten, auf Abruf), gibt er zu, aber der nächste Bergsommer wiegt das auf.

Wann hat man den Käse satt?

„Käs ka ma allat easse“ – so die einhellige Meinung der Hartls. Am allerbesten schmeckt er, wenn man sich im Käskeller ein Stück vom Laib schneidet und gleich so isst. Dann habe er die richtige Temperatur, erklärt Annelies und rät, den Käse daheim mindestens eine halbe Stunde vor dem Servieren aus dem Kühlschrank nehmen, sonst sei er viel zu kalt und der Geschmack nicht erkennbar; doch von leicht gekühltem Alp-Käse hat man nie genug – den isst man am liebsten jeden Tag. 

So wird Käse gemacht.

Im Grunde nur ein paar einfache Arbeitsschritte: Melken. Rohe Abendund Morgenmilch mit der jeweiligen Kultur (Milchsäurebakterien) vorreifen und erwärmen. Dann das Lab (die Enzyme) dazu und die Milch dickt ein. Diese Gallerte mit einer Käseharfe zu Bruch schneiden. Erneut erwärmen, mit dem Käsetuch abschöpfen und in Form pressen. Überschüssige Molke läuft ab, die schmeckt den Schweinen. Tags darauf darf der Laib ins Salzbad, so bildet er später eine Rinde. Ab hier gilt: Zeit, Lagertemperatur und Pflege sorgen für den gewünschten Geschmack. Sennalpen stellen meist Alpkäse (bis 15 Kilogramm) und Bergkäse (alles über 15 Kilo je Laib) her. Beide ohne Chemie und mehrmals die Woche von Hand mit Lake abgerieben. Ganz einfach, oder?

zur Sennalpe
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